LESS: Fragen und Antworten
Nachfolgend finden Sie einige Fragen und Antworten, die zu einem besseren Verständnis von LESS beitragen sollen.
Warum wurde der Low Emission Steel Standard (LESS) entwickelt?
Das Kennzeichnungssystem LESS schafft Transparenz über die Treibhausgasintensität des Stahl-Herstellungsprozesses durch die einheitliche Berechnung, Klassifizierung und Zertifizierung der während der gesamten Stahlherstellung vom Rohstahl bis zum Walzstahl verursachten CO2-Emissionen – einschließlich der Emissionen, die in den Zulieferindustrien (also in der Vorkette) entstehen. Die Kennzeichnung ist wichtig, damit die Klimawirkung des Produktionsprozesses eingeordnet und Fortschritte bei der Transformation sichtbar und bewertbar gemacht werden. LESS ermöglicht darüber hinaus auch die Etablierung “grüner” Leitmärkte und unterstützt damit die Stahlindustrie bei der Transformation.
Was sind grüne Leitmärkte?
Ein “grüner” Leitmarkt dient dazu, die Anreize für die Nachfrage nach „grünem“ also emissionsreduziert hergestelltem Stahl zu schaffen. Solche Leitmärkte sind eine Brücke, bis sich Grundstoffe, die mit minimierten Treibhausgasemissionen produziert wurden, in voller Breite durchgesetzt haben. Märkte für diese Produkte können sich allerdings nur dann entwickeln – und das Konzept der Leitmärkte nur dann operationalisiert werden – wenn klare und international anschlussfähige Definitionen und Regeln zur Einordnung von Produkten und ihren Herstellungsweisen hinsichtlich ihres Beitrages zum Klimaschutz vorliegen. LESS bietet solche Definitionen und Regeln.
Warum sind grüne Leitmärkte für die Stahlindustrie wichtig?
Leitmärkte wurden schon im Handlungskonzept Stahl der Bundesregierung aus dem Jahr 2020 als ein zentraler Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie angesehen. Diese Absatzmärkte sind eine flankierende Maßnahme, um die Nachfrage gezielt anzureizen. So kann die anfänglich unverzichtbare öffentliche Anschubfinanzierung schrittweise zurückgefahren und perspektivisch vollständig abgelöst werden. Für die Etablierung grüner Leitmärkte ist eine transparente Definition für “grünen”– also emissionsreduzierten oder „Near-Zero“–Stahl als erster Schritt unerlässlich. Mit LESS ist dieser Schritt nun erfolgt.
Wer kann LESS anwenden?
LESS ist ein freiwilliges Kennzeichnungssystem. Das System steht allen Stahlproduzenten offen. Künftig sind auch Stahlhändler und Stahlendnutzer eingeladen, sich einzubringen. LESS ist international ausgerichtet und international anschlussfähig. Träger von LESS wird daher ein gemeinnütziger Verein nach belgischem Recht sein, der in Brüssel seinen Sitz haben wird. Der Verein LESS.AISBL befindet sich derzeit in Gründung.
Wie erfolgt die Kennzeichnung von Stahlprodukten nach dem LESS-Standard?
Stahlproduzierende Unternehmen müssen sich einem jährlichen Audit unterziehen, in dem ein externes, unabhängiges Zertifizierungsunternehmen (z.B. DNV, TÜV Nord) die Klassifizierung der warmgewalzten Stahlmengen überprüft und zertifiziert. Anschließend dürfen die zertifizierten Stähle mit der Kennzeichnung ausgewiesen werden.
Wer trägt und verwaltet das LESS-Zertifizierungssystem?
LESS wird von einer in Brüssel ansässigen AISBL (ähnlich zum e. V. in Deutschland) als Systemeigner verwaltet. Die AISBL wird durch ein „Board of Directors“ verwaltet, welches von den Mitgliedern der AISBL gewählt wird. Ein unabhängiges Expertengremium berät die Mitglieder und das „Board of Directors“ des Systemeigner bezüglich der Weiterentwicklung des Standards.
Welche Voraussetzungen müssen die Produkte der Unternehmen erfüllen?
Als Produkt wird der warmgewalzte Stahl zertifiziert. Die Emissionsberechnungen für dieses Produkt müssen nach dem LESS-Regelbuch erfolgen. Um die Kennzeichnung auf den Produkten aufzuführen, müssen diese Emissionsberechnungen bzw. das Produkt warmgewalzter Stahl zertifiziert werden.
Wer zertifiziert nach LESS?
Nach Etablierung des Zertifizierungssystems werden Zertifizierungen durch anerkannte Kontrollstellen, wie z.B. TÜV Nord und DNV erfolgen.
Ab wann können Unternehmen an dem Zertifizierungsprozess teilnehmen?
Erste Zertifizierungen sollen nach Etablierung des in Brüssel ansässigen Systemeigners LESS.AISBL erfolgen.
Welchen Mehrwert hat die LESS-Kennzeichnung für Abnehmer?
Die LESS-Kennzeichnung weist verschiedene Elemente aus: den Schrottanteil, die Klassifizierung des Herstellungsprozess hinsichtlich seiner Klimawirkung sowie den Product Carbon Footprint (PCF) oder das Global Warming Potential (GWP). Für Kunden bildet die transparente Ausweisung und Zertifizierung der verursachten CO2-Emissionen in den Prozessen und im Produkt die Grundlage dafür, eigene Nachhaltigkeitsstrategien steuern und umsetzen zu können – weil sie alle Informationen erhalten, um ihre eigenen CO2-Einsparziele zu dokumentieren. Die LESS-Kategorisierung ermöglicht damit eine Vergleichbarkeit der Dekarbonisierungsanstrengungen der unterschiedlichen Hersteller, unabhängig vom Herstellungsverfahren.
Bildnachweis: worldsteel/Gregor Schlaeger