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Fragen und Antworten zu den Auswirkungen des Bahnstreiks auf die Stahlindustrie

Berlin, 12. März 2024 | Immer wenn der Bahnverkehr in Deutschland stillsteht, hat das auch erhebliche Auswirkungen auf die Logistik der Stahlindustrie. In unserem Q&A lesen Sie, welche Bedeutung der Schienengüterverkehr für die Branche hat und was ein Streik für die Stahlunternehmen bedeutet.

Welche Auswirkungen hat ein Streik im Güterverkehr auf die Stahlindustrie in Deutschland?

Der Schienengüterverkehr ist mit einem Anteil von 50,5 Prozent der mit weitem Abstand wichtigste Verkehrsträger der Stahlindustrie in Deutschland. Er hat sowohl in der Rohstoff- wie der Versandlogistik eine herausragende Bedeutung für die Stahlindustrie. Daher trifft jeder Streik im Schienengüterverkehr die Logistik der Stahlunternehmen empfindlich. Die gerade begonnene Streikwelle der GDL sehen die Unternehmen der Stahlindustrie mit großer Sorge. Zwar bemühen sich die Unternehmen im Dialog mit ihren Transportdienstleistern Produktions- und Lieferstörungen zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Mit einer Vorankündigung von weniger als einem Tag wird aber die Möglichkeit, im Vorfeld zu reagieren, noch weiter eingeschränkt. Zudem können gerade kurzfristig angekündigte Bahnstreiks gravierende Folgen haben, erst recht, wenn sie in kurzen Abständen erfolgen: Kann die Versorgung mit Rohstoffen nicht aufrechterhalten werden, drohen Produktionsausfälle, die im schlimmsten Fall zu Anlagenschäden führen. Auf der Versandseite werden die Wertschöpfungsketten empfindlich gestört. Die Folge: Deutschlands Schlüsselbranchen wie der Automobilindustrie und dem Maschinenbau fehlen die für die Produktion benötigten Stahlprodukte. Vor diesem Hintergrund müssen die Streiks nun zeitnah ein Ende finden, damit der Industriestandort Deutschland nicht weiter Schaden nimmt.

Was und welche Mengen transportiert die Stahlindustrie auf der Schiene?

Große Mengen an Rohstoffen, die für die Stahlproduktion benötigt werden, darunter Eisenerz, Kohle, Kalk und Stahlschrott, werden mit Güterbahnen zugeliefert. Und auch der Abtransport der fertigen Stahlprodukte erfolgt – auch aus Gewichtsgründen – zu erheblichen Teilen auf der Schiene. Das ergibt im Jahr eine Transportmenge von rund 62 Millionen Tonnen. Damit ist die Stahlindustrie die volumenstärkste Kundenbranche der Güterbahnen. 

Kann die Stahlindustrie nicht einfach auf andere Transportmöglichkeiten ausweichen?

Ein Ausweichen auf andere Verkehrsträger ist nur begrenzt möglich, weil die beförderten Mengen auf der Schiene dafür zu groß sind. Je nach Umfang des Bahnstreiks kann zwar im begrenzten Maß auf andere Bahnen, die Straße oder die Binnenschifffahrt ausgewichen werden, aber auch nur, soweit dort freie Kapazitäten verfügbar sind. Bei den sogenannten Wellenstreiks der GDL, die nur mit minimalem zeitlichem Vorlauf angekündigt werden, ein Ausweichen auf andere Transportmöglichkeiten noch erheblich erschwert.

Was passiert, wenn die Betriebe der Stahlindustrie über einen längeren Zeitraum nur unzureichend über die Schiene an- und abtransportieren können?

Die Stahlindustrie betreibt kritische Produktionsanlagen, die laufend mit Rohstoffen versorgt werden müssen. Je nach Rohstoff und Stahlunternehmen stehen dafür auch kleinere oder größere Lagerreserven zur Verfügung und dadurch gelingt es den Stahlunternehmen gewöhnlich, im Dialog mit ihren Bahndienstleistern die Produktion eine bestimmte Zeit aufrechtzuerhalten. Danach sind Einschränkungen jedoch unvermeidlich. Spät angekündigte Streiks sind deshalb für die Stahlunternehmen eine große Herausforderung.  

Typisch für Bahnstreiks ist zudem, dass die komplexe Logistik des Schienengüterverkehrs auch nach einem Streikende noch mehrere Tage benötigt, bis sie wieder im Normalzustand funktioniert. Daher können sich mehrere Streiks ohne längere Pause in ihren Wirkungen aufschaukeln.  

Werden die Anlagen, insbesondere Kokereien und Hochöfen, nicht mehr zuverlässig mit Rohstoffen versorgt, drohen im schlimmsten Fall Anlagenschäden, mindestens jedoch Produktionsausfälle. Auch Verkehre zwischen verschiedenen Werksstandorten müssen verlässlich funktionieren, um die Produktionskette aufrechterhalten zu können.  

Der Versand wird häufig schon sehr früh beeinträchtigt. Die konkreten Auswirkungen sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. 

Welche weitergehenden Auswirkungen hat eine gestörte Bahnlogistik auf die nachgelagerten Wertschöpfungsketten?

Die Stahlindustrie steht am Anfang zahlreicher industrieller Wertschöpfungsketten. Das ist von großer Bedeutung, denn wird die Belieferung der Kunden der Stahlindustrie gestört oder im schlimmsten Fall ganz unterbrochen, ziehen sich komplexe Folgewirkungen durch erhebliche Teile der Wirtschaft, insbesondere bei Just-in-time-Lieferungen, wie in der Automobilindustrie. In der aktuellen schwachen Konjunktur ist das ein harter Schlag für die Wirtschaft. Das trifft letztlich auch den Endverbraucher, der sein Endprodukt nur verzögert und/oder zu höheren Kosten erhält.